LiquidFeedback goes Blockchain 

news :: 2018
von Jan Behrens am 27. Juli 2018

Heute hat der Interaktive Demokratie e. V. den ersten Prototypen [1] der LiquidFeedback Blockchain veröffentlicht. Diese Internet-Software soll die Erstellung verteilter Anwendungen insbesondere im demokratischen Kontext möglich machen. Die Erfinder von LiquidFeedback [2] haben ein Jahrzehnt Erfahrungen im Bereich der internetbasierten Antragsentwicklung und Entscheidungsfindung erfolgreich mit den revolutionären Ideen hinter der Blockchain kombiniert. Im Artikel „The LiquidFeedback Blockchain“ [3] veröffentlichen die Erfinder von LiquidFeedback die Hintergründe zu dieser neuen Technologie. Im Gegensatz zu Bitcoin und ähnlichen Kryptowährungen, wird dabei auf das sogenannte „Mining“ oder andere komplizierte mathematische Operationen verzichtet, denn diese verschlingen große Mengen Rechenleistung und somit Energie. Die LiquidFeedback Blockchain schont diese natürliche Resource und kann daher als eine grüne (umweltfreundliche) Alternative zu traditionellen Blockchain-Systemen verstanden werden.

Anstelle eines Wettbewerbs der Rechenkapazität basiert die LiquidFeedback Blockchain vollständig auf demokratischen Prinzipien. Alternative Stände in der verteilten Datenbank stellen keinen Widerspruch dar. Stattdessen fließt der Wissensstand aller Netzknoten in einen stochastischen Prozess ein. Hierzu werden einfache, leicht zu berechnende mathematische Falltürfunktionen mit Algorithmen kombinert, die von natürlichem Schwarmverhalten inspiriert wurden. [3]

Die möglichen Anwendungsfelder sind nicht auf demokratische Zwecke beschränkt. Unternehmen können die LiquidFeedback Blockchain nutzen, um beispielsweise gemeinsam elektronisch über geschlossene Verträge Einigkeit zu erlangen oder um gemeinsam neue Produkte zu entwickeln. Banken können die Technologie nutzen, um Finanztransaktionen zu überwachen und festzuschreiben ohne hierbei eine zentrale Datenverarbeitungsstelle zu benötigen. Wissenschaftler können verteilte Datenbanken anlegen, ohne hierbei den Ballast traditioneller Blockchainsysteme zu tragen. Bei Anwendung zu demokratischen Zwecken ermöglicht die LiquidFeedback Blockchain den Teilnehmenden – ohne auf eine zentrale Verwaltungsstelle angewiesen zu sein – gemeinsam ein verteiltes technologisches System zur Selbstorganisation zu betreiben. Wird dies mit der Idee der transitiven Stimmendelegation (Liquid Democracy) [4] kombiniert, sind – trotz gleicher Rechte der Teilnehmenden – Arbeitsteilung im demokratischen Prozess sowie fundierte Entscheidungen möglich.

Die in LiquidFeedback umgesetzten Konzepte werden im Buch „The Principles of LiquidFeedback“ beschrieben. [5] Mit der Veröffentlichung der Ideen sowie der dazugehörigen Software, die seit 2009 aktiv entwickelt und benutzt wird, wurde gezeigt, wie demokratische Prozesse so organisiert sein können, dass alle Teilnehmenden wirklich gleiche Rechte haben und die Durchführbarkeit und Effektivität auch bei einer großen Anzahl von Teilnehmenden gewährleistet bleibt. Darauf folgende Entwicklungen zeigten auf, wie Prozesse gestaltet werden können, die auch Gruppen beliebiger Größe erlauben, in eine effektive, aber dennoch faire gemeinsame Deliberation eintreten zu können. [6][7] LiquidFeedback wird bereits aktiv in Firmen, politischen Organisationen und politischen Parteien verwendet. Diese Technologie mit der LiquidFeedback Blockchain zu erweitern, wird die Entwicklung eines dezentralen Systems ermöglichen, bei dem alle Teilnehmenden nicht nur die gleichen Rechte, sondern auch die gleiche Macht über das Antragsentwicklungs- und Entscheidungsfindungsnetzwerk haben.


[1] LiquidFeedback Blockchain Prototype 1. Published by Interaktive Demokratie e. V., available at: www.liquid-democracy-journal.org

[2] LiquidFeedback

[3] Jan Behrens, Axel Kistner, Andreas Nitsche, Björn Swierczek: “The LiquidFeedback Blockchain”. In “The Liquid Democracy Journal on electronic participation, collective moderation, and voting systems", Issue 6, July 27, 2018. ISSN 2198-9532. Published by Interaktive Demokratie e. V.

[4] Andreas Nitsche: “Liquid Democracy – what all the noise is about”. In “The Liquid Democracy Journal on electronic participation, collective moderation, and voting systems", Issue 1, May 20, 2014. ISSN 2198-9532. Published by Interaktive Demokratie e. V.

[5] Jan Behrens, Andreas Nitsche, Björn Swierczek: “The Principles of LiquidFeedback”, January 2014. ISBN 978-3-00-044795-2. Published by Interaktive Demokratie e. V. Website: principles.liquidfeedback.org

[6] Jan Behrens, Andreas Nitsche, Björn Swierczek: “A Finite Discourse Space for an Infinite Number Of Participants”. In “The Liquid Democracy Journal on electronic participation, collective moderation, and voting systems”, Issue 4, July 28, 2015. ISSN 2198-9532. Published by Interaktive Demokratie e. V.

[7] Jan Behrens, Andreas Nitsche and Björn Swierczek: “LiquidFeedback's Issue Limiter”. In “The Liquid Democracy Journal on electronic participation, collective moderation, and voting systems”, Issue 5, May 11, 2017. ISSN 2198-9532. Published by Interaktive Demokratie e. V.